So schön ist Leichtathletik! Über 20.000 Fans und Weltklasse-Athletinnen und -Athleten feiern im Berliner Olympiastadion den 100. ISTAF-Geburtstag – ein rauschendes Fest mit großen Emotionen und starken Leistungen zum Abschluss des Leichtathletik-Jahrs. Zwei Stars gelingt Historisches: Diskus-Olympiasiegerin Valarie Allman befördert den Diskus so weit, wie noch keine Frau vor ihr in der 100-jährigen ISTAF-Geschichte. Und Publikumsliebling Johannes Vetter feiert als erster Speerwerfer überhaupt seinen fünften ISTAF-Sieg.
ISTAF-Meetingdirektor Martin Seeber: „Über 20.000 Fans, die ausgelassen feiern, fantastische Athletinnen und Athleten, spektakuläre Leistungen! Das war wirklich ein unglaublich schönes ISTAF-Jubiläum. Ich bedanke mich bei allen Fans, Partnern und Sponsoren und dem Land Berlin, ohne die wir dieses tolle Jubiläum nicht hätten feiern können.“
Für eine Speerwurf-Show sorgte mal wieder Johannes Vetter, der auch bei seinem fünften ISTAF-Start nicht zu schlagen war. Kein Speerwerfer feierte jemals fünf Erfolge beim ISTAF, es war Vetters 15. Triumph im 17. Wettkampf dieses Jahr. Trotz einer strapaziösen Woche mit dem dritten Meeting ließ er sein Arbeitsgerät nochmal an die 90 Meter fliegen. 88,76 Meter bedeuteten einen ungefährdeten ersten Platz. Der Offenburger war rundum zufrieden: „Vielen Dank für das schöne Meeting. Einfach klasse, dass alle Zuschauer und meine Freunde hier waren und mich wunderbar unterstützt haben. Dazu knapp 89 Meter, eine rundum geile Sache.“
Heimspiel und Heimsieg: Für Gesa Krause passte mal wieder alles beim ISTAF. Vor zwei Jahren hatte sie im Berliner Olympiastadion einen inoffiziellen Weltrekord über 2000 Meter Hindernis aufgestellt, auch über die vollen 3000 Meter Hindernis war sie schon einmal zum nationalen Rekord gerannt. Mit einer starken letzten Runde setzte sie sich diesmal aus einer kleinen Spitzengruppe mit gleich drei Deutschen ab und holte ihren zweiten ISTAF-Sieg. „Das Olympiastadion ist für mich schon immer besonders gewesen. Es ist einfach wie nach Hause kommen, ein ganz besonderes Flair – und das motiviert natürlich noch ein bisschen mehr. Insbesondere, wenn mein Lieblingsmeeting den 100. Geburtstag feiert.“
Publikumsliebling Malaika Mihambo gab im letzten Wettkampf des Jahres alles, um das Berliner Publikum zu begeistern. Zwischenzeitlich setzte sich die Olympiasiegerin, die sich im zweiten Versuch leicht am rechten Fuß verletzt hatte, mit 6,70 Metern an die Spitze des Feldes, wurde aber umgehend wieder von Jazmin Sawyers abgelöst. Die Britin erzielte im fünften Versuch die siegbringende Weite von 6,73 Metern. Mihambo war nach einer langen Saison dennoch glücklich: „Es war toll, hier zum 100. Geburtstag zu starten. Ich glaube, das war das vollste Stadion, in dem ich dieses Jahr gesprungen bin. Da macht es nochmal mehr Spass. Es war mir sehr wichtig, hier gewesen und um den Sieg mitgesprungen zu sein.“ Dritte wurde die Schwedin Khaddi Sagnia mit 6,60 Metern.
Beim Stabhochsprung setzten die US-Amerikaner zum Höhenflug an. Sam Kendricks, kurz vor den Olympischen von COVID-19 ausgebremst, knüpfte an seine Leistung von Zürich am Donnerstag an und war zum zweiten Mal beim ISTAF der gefeierte Sieger (5,91 m). Der Silbermedaillengewinner von Tokio, Christopher Nilsen (5,91 m), und KC Lightfoot (5,81 m) machten den US-amerikanischen Sweep perfekt. Bo Kanda Lita Baehre wurde Fünfter mit 5,71 Meter. Kendricks gestand danach im Interview: „Ich bin ein riesiger ISTAF-Fan, seitdem ich denken kann.“
Über 100 Meter Hürden verhinderte die Olympia-Fünfte Nadine Visser aus den Niederlanden den nächsten USA-Dreierpack und setzte sich in 12,73 Sekunden knapp vor Payton Chadwick (12,75 sec) durch. Bei den Männern war es über die Hürden ebenso spannend. Devon Allen (USA) und Ronald Levy (Jamaika) duellierten sich auf hohem Niveau, am Ende trennte sie nur eine Hundertstelsekunde. Allen siegte in 13,10 Sekunden vor dem Konkurrenten, der ihm in Tokio die Bronzemedaille weggeschnappt hatte.
Über zwei Jahre war Konstanze Klosterhalfen nicht mehr auf deutschem Boden gestartet, für das ISTAF kehrte die in den USA lebende Leverkusenerin wieder zurück. Beim Sieg von Kate Grace (USA) bei deren Hausrekord von 4:01,33 Minuten wurde sie Fünfte (4:05,26 min). „Ich hätte nicht gedacht, dass ich 771 Tage nicht in Deutschland gestartet bin. Das Publikum ist einzigartig und es war schön, wieder in Berlin und beim ISTAF zu sein.“
Zu Höhepunkt des Nachmittags entwickelte sich der Diskuswurf der Frauen. Hier kam es zur Olympiarevanche zwischen US-Star Valarie Allman und der Potsdamerin Kristin Pudenz, die direkt mit viel Wucht loslegten. Die Olympiasiegerin Allman stellte im ersten Versuch eine Weltjahresbestleistung auf und schraubte den nordamerikanischen, den US- und den Meetingrekord auf 71,16 Meter. Damit setzte sie sich auf Platz 18 der ewigen Weltbestenliste. Der Sieg war ihr nicht zu nehmen. Kristin Pudenz wurde mit ebenso im ersten Versuch erzielten 64,52 Metern Zweite.
Über 400 Meter Hürden wiederholte Weltrekordler Karsten Warholm aus Norwegen seinen Vorjahressieg in 48,08 Sekunden. „Es ist immer wieder großartig, in Berlin zu laufen. Ich wollte unbedingt hier starten, wollte hier gewinnen und Volker Beck [Anm. d. Red.: Olympiasieger von 1980, beendet seine Karriere als langjähriger Bundestrainer] meinen Respekt zollen. Es war wirklich besonders, ihn zu treffen. Ich freue mich jetzt schon riesig auf das ISTAF 2022.“
Erst im vierten Versuch klappte der Start über die 100 Meter. Das hinderte Marvin Bracy aus den USA aber nicht daran, unter zehn Sekunden zu sprinten und die fünfschnellste Zeit beim ISTAF auf die blaue Bahn zu legen. In 9.95 Sekunden siegte er vor Jeremiah Azu aus Großbritannien, der in 10,16 Sekunden persönliche Bestzeit lief. Starker Dritter wurde Julian Wagner in 10,18 Sekunden, er beendet das Jahr damit höchstwahrscheinlich als schnellster Deutscher. Bei den Frauen war die Olympia-Achte Daryll Neita aus Großbritannien in 11,04 Sekunden das Maß aller Dinge.
Packend ging es im Hochsprung zu, in dem sich die unter neutraler Flagge startende Russin Marisa Lasitskene und die Australierin Nicola McDermott als Einzige über 1,95 Meter schwangen. Lasitskene setzte mit 1,98 Meter noch einen drauf, McDermott konnte nicht mehr kontern. 2,02 Meter waren für die Olympiasiegerin dann zu hoch.
Ein furioses Solo legte die Deutsche 400-Meter-Meisterin Corinna Schwab hin. In 51,51 Sekunden steigerte sie als Siegerin sogar ihre persönliche Bestleistung um 14 Hundertstelsekunden.
Die Para-Stars im Kugelstoßen begeisterten das Publikum schon am späten Nachmittag. Niko Kappel steigerte seine Saisonbestmarke auf 13,83 Metern und war danach hellauf begeistert. „Mit diesen Zuschauern hier fliegt die Kugel gleich ein bisschen weiter. Es war einfach eine tolle Stimmung. Ich wollte mich auf der Ehrenrunde bedanken für das, was da geleistet wurde. Für uns Athleten ist das das Allergrößte“, sagte der Kugelstoßer des VfB Stuttgart. „Am liebsten würde ich die Anlage, das Stadion und die ganzen Fans mit nach Hause nehmen.“
Top-Stimmung auf den Rängen auch beim 100-Meter-Sprint der Para-Stars: 400-Meter-Paralympissieger Johannes Floors wurde Zweiter (10,87 sec) hinter dem Italiener Maxcel Amo Manu, der mit Persönlicher Bestleistung triumphierte (10,84 sec).
Ins Leben gerufen wurde in diesem Jahr die ISTAF-Trophy. In sechs Wettbewerben konnten Athletinnen und Athleten Punkte bei den drei ISTAF-Veranstaltungen des Jahres in Berlin (Olympiastadion und Mercedes Benz Arena) und Düsseldorf sammeln. Bei Punktgleichheit entschied das bessere Resultat vom ISTAF im Olympiastadion. Die Teilnahme hier war Voraussetzung, um in die Wertung zu kommen. So konnten alle Siegerinnen und Sieger geehrt und mit Trophäe, einem Stück blauer Bahn und 5000 Euro belohnt werden. All dies sicherten sich die Hürdensprinter Nadine Visser und Devon Allen, Weitspringerin Malaika Mihambo, Stabhochspringer Sam Kendricks sowie die Sprinter Daryll Neita und Arthur Cissé aus der Elfenbeinküste.